Er setzt auf das große Netzwerk und die Arbeit an der Basis

Wie bitte? Ein Engagement als Bezirksvorsitzender des Bayerischen Jugendrotkreuzes? Dr. Michael Papacek hat deutlich "Nein" gesagt, als ihm Heinrich Müller vor einigen Monaten das Amt anbot. Inzwischen ist er doch der neue Mann an der Spitze und sagt genauso überzeugt: „Ich bin froh, dass ich es so entschieden habe.“ Der 35-Jährige wünscht sich einen Dialog auf Augenhöhe mit allen Mitgliedern. Keiner solle und dürfe die Scheu haben, ihm oder seinen Vorstandskollegen eine Mail zu schreiben oder sie anzurufen, betont er - und verrät, was er in den nächsten Monaten mit dem Jugendrotkreuz plant.

Von Frank Betthausen

Weiden/Freising. Klare Anfrage, klares Nein: Dr. Michael Papacek hat erst einmal strikt abgelehnt. Das ist nichts für dich, wirklich nicht, sagte er sich entschieden, als ihn Heinrich Müller vor einigen Monaten ansprach. Der Bezirksvorsitzende des Bayerischen Jugendrotkreuzes, der sich mit Ende 60 aus seinem Amt zurückziehen wollte, hatte ihn gefragt, ob er sich vorstellen könne, seinen Posten zu übernehmen. Es war vor allem die Zeitfrage, die Papacek umtrieb.

Doch er wäre nicht der engagierte Jugendrotkreuzler, der er ist, wenn er nicht doch ins Wanken gekommen wäre… Auf einmal begann es, heftig in ihm zu arbeiten. Papacek machte sich immer mehr Gedanken darüber, was mit einem schlagkräftigen Team auf dieser Position fürs Jugendrotkreuz in Niederbayern und der Oberpfalz erreicht werden könnte.

„Die Wasserwacht war mein Freundeskreis.“ Michael Papacek

Als ihm auch noch sein Mann Johannes grünes Licht gab, sagte er doch zu. „Ich habe bei ihm Narrenfreiheit, was das Rote Kreuz angeht. Er hält mir da immer den Rücken frei“, sagt der 35-Jährige und lacht. Ganz ernst schiebt er aber nach: „Ich bin froh, dass ich es so entschieden habe.“

Das Jugendrotkreuz in Ostbayern und der Bezirksausschuss haben im Sommer 2021 mit ihm als neuem Mann an der Spitze jemanden gewonnen, der seit Kindesbeinen an eng mit dem BRK verbandelt war und viele prägende Stationen in der Jugendarbeit durchlaufen hat.

Papacek war acht Jahre alt, als ihn sein Nachbar in Edeldorf (Gemeinde Theisseil/Landkreis Neustadt an der Waldnaab), damals Vorsitzender der Wasserwacht, mit zum ersten Training nahm – zusammen mit seiner Schwester.

Unvergessliche Zeiten im Schätzlerbad

Seine Augen leuchten, wenn er von der Zeit und den Erlebnissen im Schätzlerbad in Weiden erzählt. „Die Wasserwacht war mein Freundeskreis“, sagt Papacek, der mit Mann und Hund heute in Freising lebt. Und auch wenn er in Oberbayern mittlerweile stellvertretender Ortsgruppenleiter ist, hält er seinen Weidener Wasserrettern weiter die Treue.

Der 35-Jährige ist dort nach wie vor als Gruppenleiter aktiv, bringt sich bei der Organisation von Zeltlager-Geländespielen ein oder leitet hin und wieder Gruppenstunden und Fortbildungsabende, wenn es seine knapp bemessene Zeit erlaubt.

Der Oberpfälzer arbeitet seit April 2020 für das Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck in Taufkirchen bei München. Als Molekularbiologe ist er für die Firma im technischen Service tätig. Mit seinen Kollegen zeichnet er im weitesten Sinne für die wissenschaftliche Beratung von Kunden verantwortlich und beantwortet beispielsweise Anfragen zu Antikörpern, die nicht so reagieren, wie vom Anwender gewünscht.

2005 hatte Papacek Abitur gemacht. Ein Jahr später baute er in Regensburg seinen Bachelor in Biologie, 2010 wechselte er für den Master im Gartenbau an die Technische Universität München, wo er in der Molekularbiologie promovierte.

Ursprünglich hatte der Edeldorfer Medizin studieren wollen – nicht zuletzt durch die Erfahrungen, die er seit seinem 16. Lebensjahr beim Roten Kreuz im Rettungsdienst gesammelt hatte. Absicherungen, Sanitätsdienste… Sein Engagement schlief erst ein, als er zum Studium – am Ende doch in einem anderen Fachbereich, weil ihm der Numerus Clausus im Weg stand – nach Regensburg zog.

An anderer Stelle blieb Papacek beim BRK hochaktiv: in der Jugendarbeit! 2005 absolvierte er einen Gruppenleiterkurs und kam erstmals mit dem Bezirksausschuss des Jugendrotkreuzes (BAJ) in Berührung, der jugendpflegerisch rund 28 000 Mitglieder bis zu einem Alter von 27 Jahren in Niederbayern und der Oberpfalz vertritt.

Ein enger Austausch der Lehrteams

In der Folge wurde der 35-Jährige nicht nur ins Lehrteam berufen, das in ganz Ostbayern die Fortbildungen sowie Schulungen der Gruppenleiter koordiniert und hält. Er agierte auch bald als Sprecher des Gremiums und bringt sich bis heute in den Austausch mit den Lehrteams der anderen Bezirksverbände mit ein.

In den vergangenen vier Jahren war er darüber hinaus als gewählter Vertreter im BAJ aktiv. So lag es schon fast auf der Hand, dass Heinrich Müller ihn kontaktierte, als es um sein „Erbe“ ging.

„Das war motivierend, was da von den Kreisverbänden an Feedback kam." Michael Papacek

Inzwischen hat Papacek klare Vorstellungen davon, wie er frischen Wind im Jugendrotkreuz verbreiten will. Eine Kernaufgabe sieht er darin, die Zusammenarbeit mit den anderen Gemeinschaften auszubauen. Erste Überlegungen, mit der Wasserwacht eine Art gemeinsames „Bezirkszeltlager“ und ein Ausbildungswochenende zu organisieren, gibt es bereits.

Als Ansporn und Zeichen für einen schwungvollen Start hat Papacek die Bezirksversammlung erlebt, die Anfang November im Hörsaal der Barmherzigen Brüder in Regensburg stattgefunden hatte. Trotz Corona waren dort 14 der 16 Kreisverbände aus dem Zuständigkeitsgebiet des BRK-Bezirksverbands mit mehr als 30 Teilnehmern vertreten.

„Das war motivierend, was da von den Kreisverbänden an Feedback kam“, sagt er.

Papacek und sein Team skizzierten ihrerseits ihre Pläne für die nächsten Jahre. Ein großes Anliegen ist es ihm und seinen Stellvertretern Stefan Kapeller (Kreisverband Regensburg) und Pascale Eibeck (Kreisverband Rottal-Inn), die Öffentlichkeitsarbeit auszubauen und an der Informations- und Kommunikationskultur zu arbeiten.

Entscheidungen auf Landes- und Bezirksebene sollen „unten“ ankommen. „Wir wollen, dass Transparenz gegeben ist“, sagt der Vorsitzende des Bezirksausschusses, der sich einen offenen Dialog auf Augenhöhe mit allen wünscht. Keiner solle und dürfe die Scheu haben, ihm oder seinen Vorstandskollegen eine Mail zu schreiben oder sie anzurufen.

"Wir sitzen alle in einem Boot"

Dem Führungstrio schwebt vor, alle zwei Monate zu einem digitalen Informationsaustausch zusammenzukommen, um zu erfahren, wo die Aktiven in den Kreisen der Schuh drückt. „Wir sitzen alle im selben Boot und kämpfen alle mit den gleichen Aufgaben“, sagt Papacek. „Wir müssen die Kids bei der Stange halten. Warum sollten wir uns da nicht gegenseitig unterstützen?“

Bei all dem sieht er den Bezirksausschuss, dem mit Bianca Fuchs (Regensburg), Monika Stahl (Tirschenreuth) und Christian „Bully“ Freihart (Neumarkt) drei weitere gewählte Vertreter angehören, als „Dienstpersonal“ für die Jugendrotkreuzler an der Basis.

„Der Kontakt dorthin ist uns total wichtig“, bekräftigt Papacek. „Klar ziehen wir die Fäden auf höherer Ebene und natürlich hast du eine Vorstellung davon, wo die Reise hingehen soll. Aber unsere Mitglieder sollen immer einbezogen werden.“

Allen Bemühungen zum Trotz, die digitale Vernetzung unter den Kreisverbänden weiter auszubauen, setzt der Bezirksausschussleiter in einem Punkt voll und ganz auf Präsenzveranstaltungen: bei den Gruppenstunden. Die Kinder hätten durch die Pandemie so viel vor dem Laptop gesessen, dass er es stark bezweifele, dass virtuelle Zusammenkünfte bei der Jugend auf Dauer ankämen. Im Gegenteil! Sie aus dem digitalen Trott herauszuholen, den persönlichen Austausch wieder ins Laufen zu bringen und eine wöchentliche Gruppenstunde anzubieten, bei der die Kinder unbeschwerte, schöne Freizeitmomente sammeln können – darin sieht Papacek den Weg, Mitglieder zu halten und neue zu gewinnen.

„Wenn die Motivation so bestehen bleibt und die Leute weiter solchen Bock auf Jugendarbeit haben, können wir einiges reißen.“ Michael Papacek

Dass die Jugend von heute – in diesem Punkt ist er anderer Ansicht als sein Vorgänger Heinrich Müller – unpolitischer geworden sei, erlebt er nicht so. „Die Frage ist, wie man politisch definiert“, meint der 35-Jährige. Mit der Fridays-for-Future-Bewegung und dem Wahlrecht mit 16 macht er Beispiele dafür aus, dass Jugendliche sehr wohl bereit seien, aufzustehen und selbstbewusst zu formulieren: „Moment, so geht es nicht!“

Für ihn zeigt das klar, dass es in der Nachwuchsorganisation des BRK auch darum geht, „die Jugend da mehr abzuholen, mehr in diese Richtung zu arbeiten, auf die politische Bildung zu achten und jungen Menschen eine Stimme zu geben“.

Vorbereitungen fürs Jubiläumsjahr

Erst recht im Jubiläumsjahr, das bald beginnt! 2022 wird das Bayerische Jugendrotkreuz 75 Jahre alt. Michael Papacek und der Bezirksausschuss spielen mit dem Gedanken, in den Sommermonaten zusammen mit den anderen Gemeinschaften in Regensburg eine große Veranstaltung auf die Beine zu stellen. „Ideen und Unterstützer sind jederzeit willkommen – schon heute“, sagt er.

Und: Auch einen Bezirkswettbewerb soll es wieder geben. Wenn die Pandemie-Entwicklung es zulässt… Aktuell, berichtet der Jugendfunktionär, sei bei der Planung viel in der Schwebe. „Da gibt dir im Moment keiner eine Zusage wegen der unklaren Lage“, sagt Papacek.

Mit seinen Mitstreitern ist er immer noch „am Schauen, wie lang man mit der Absage warten kann“. Parallel dazu überlegt das Team, mit der Veranstaltung auf einen großen Zeltplatz auszuweichen, „um unabhängiger zu sein“.

„Schulstarter-Aktion“ als Riesenerfolg

Geht es um den Rückhalt an der Basis, ist dem neuen Mann an der Spitze des ostbayerischen Jugendrotkreuzes nicht bange. Die „Schulstarter-Aktion“, bei der in den Sommerferien innerhalb von drei Wochen mehr als 1000 Päckchen für Familien im schwer vom Hochwasser getroffenen Ahrtal zusammenkamen, ist für ihn ein Paradebeispiel dafür, was mit Engagement und Zusammenhalt in der Region möglich ist.

„Mehr kann man sich nicht wünschen! Wenn die Motivation so bestehen bleibt und die Leute weiter solchen Bock auf Jugendarbeit haben, können wir einiges reißen“, ist er sich sicher. 

Dr. Michael Papacek hat das Grübeln eingestellt. Er hat überzeugt „Ja“ gesagt zu seiner Aufgabe…